Liesel war meine Schwiegermama. Seit ich 1985 auf den Hof gekommen bin, habe ich sie als DEN Grundpfeiler der Familie erlebt. Sie hatte immer einen sehr arbeitsreichen Tag, wuppte klaglos die Stallarbeit ebenso wie die Arbeit in ihrem großen Bauerngarten und ihren Haushalt mit Energie, sehr viel Engagement – und immer mit mindestens einem Hund (und ab und an auch zwei Ziegen) an ihrer Seite.
Menschen, Tiere und Pflanzen auf dem Hof durften sich ihrer umsichtigen Fürsorge jederzeit sicher sein. Alles Lebendige konnte sich bei ihr gut aufgehoben fühlen. Dabei blieb sie stets im Hintergrund, große Auftritte waren nicht ihre Sache.
In späteren Jahren widmete sie sich vornehmlich der Pflege ihres Mannes Hans, dem es dank ihrer unermüdlichen 24/7-Fürsorge vergönnt war, seine letzten Jahre umsorgt in der Familie zu verbringen.
Ihrem großen Hobby, dem Stricken, ging sie in jeder freien Minute nach und beschenkte die komplette Familie jahrelang zu Geburtstagen und zu Weihnachten mit wunderschönen Socken.
Auch alle Pflanzen spürten, dass sie bei meiner Schwiegermama in liebevollen Händen waren; ob draußen im Gemüsegarten oder auf der häuslichen Fensterbank, sie liebte es, wenn alles wuchs und gedieh. Liesels ‚grüner Daumen‘ ist legendär, keine konnte Geranien so zum Blühen bringen wie sie.
Bei alldem war meine Schwiegermama eine kluge Frau, belesen und vielseitig interessiert. Auch im hohen Alter war sie bestens über kleine und große Ereignisse in der Gemeinde und auf der Welt informiert.
In größeren Gesellschaften fühlte sie sich nicht sehr wohl, vielleicht auch wegen ihrer Schwerhörigkeit; aber ich hatte immer den Eindruck, humorvoll und schlagfertig wie sie war, liebte sie eher die Gespräche im kleinen Kreis. Wenn sie es für angebracht hielt, sagte sie offen und unverblümt ihre Meinung. Auch dafür habe ich sie sehr geschätzt.
Ohne Liesel werden dieser Hof und unsere Familie nicht mehr dieselben sein. Ich bin ihr unendlich dankbar für ihre Liebe und Fürsorge und vermisse sie sehr.